OKR, Incentivierungen,
Bonussysteme & Co.

Incentivierungen und Bonussysteme sind an sich nichts grundlegend Schlechtes. Objectives und Key Results OKR bauen im Kontrast zu ihnen jedoch auf intrinsische Motivation.

Das OKR-Framwork ist ein auf Unternehmensinteressen aufbauendes System der Incentivierung. Diese Incentivierungen leiten sich immer aus dem Inneren der Unternehmung, der DNA des Unternehmens ab. Sie werden spätestens am Ende eines Quartals aktualisiert. Sie sind so formuliert, dass sie jederzeit neu bewertet werden können.

Wenn OKR konsequent und richtig angewendet wird, ist es geradezu ein Framework zur Vermeidung widersprüchlicher persönlicher Interessen in einer Unternehmung.

Vorsicht Bestechung!

Bonussysteme und Incentivierungen gehen oft den umgekehrten Weg. Hier wird zumeist versucht die persönlichen Interessen der Mitarbeitenden möglichst „unauffällig“ zu lenken. Ein Ansatz, der aus einer merkwürdigen Einstellung gegenüber den Mitarbeitenden hervorgeht. Der Eindruck entsteht, dass vermieden werden soll, Mitarbeiterziele mit dem Erfolg der Firma zu verknüpfen. Es wird nicht davon ausgegangen, dass die Unternehmung den Mitarbeitenden am Herzen liegt. Stattdessen versucht man Erfolg mit Geld aufzuwiegen. Was dabei meistens vergessen wird: diese Form der Incentivierung wird oft als Bestechung wahrgenommen [Amabile, 1998] und hemmt die intrinsische Motivation.

Wieso ein starker Claim das Fundament von OKR ist

Mit der OKR-Methode sollte ein Unternehmen genau das Gegenteil erreichen wollen. Der eindeutige, gemeinsame Claim wird in verständliche und individuell umsetzbare Teilziele übersetzt. Diese Teilziele sollten allesamt den Erfolg der Unternehmung und damit automatisch auch das Wohl der Mitarbeitenden im Schilde führen.

Der Claim sollte darüber hinaus von der Geschäftsleitung jederzeit ehrlich und für alle nachvollziehbar vertreten werden. Wichtig dabei ist die Bereitschaft, den Claim und die Teilziele einzelner Abteilungen und ihre Umsetzung jederzeit zu diskutieren und anzupassen. Und zwar vom Geschäftsführer, den Managern, den Teams bis hin zu den Mitarbeitenden – über alle Ebenen.

Auch wenn der Eindruck entsteht, alle Abteilungen greifen nahtlos ineinander, sollten die Teilziele nach gewissen Zyklen neu verhandelt werden. Nicht nur auf Team- und Mitarbeitenden-Ebene, sondern vor allem auch auf der GF- und Manager-Ebene. Dabei zeigen jüngste Langzeitstudien aus Taiwan, dass Selbstironie auf der Manager-Ebene die Kreativität der Mitarbeitenden positiv beeinflusst [Huang, 2022].

Kurz: Das Why oder Wieso der Unternehmung und dessen Begründung kommen „von oben.“ Die Umsetzung und Bestimmung der Teilziele muss jedoch in den Teams festgelegt werden. Nur die Mitarbeitenden können ihr tägliches Doing am besten einschätzen.

Ob Team oder Individuum – die Motivation muss von Innen kommen

Einer der Kernaspekte von OKR ist die Schaffung einer ergebnisorientierten Unternehmenskultur. Kern einer solchen Unternehmenskultur ist ein offener Umgang mit Fehlern. Mitarbeitende sollen motiviert werden, hoch hinauszuwollen, schnell zu scheitern und zu lernen. Kurz: sie sollen ermutigt werden auch andere Wege zu gehen [Kim, 2021].

Grundsätzlich fußt der Einsatz von OKR auf der festen Überzeugung, dass die Motivation von Mitarbeitenden aus ihnen selbst – intrinsisch – kommt. Sie sollte nicht extern erzeugt werden. Ein Bonus oder eine Belohnung wären solch unerwünschte externe Faktoren.

A. Individuell-intrinsische Motivation

OKR tragen durch verschiedene Faktoren zur intrinsischen Motivation bei. Die Mitarbeitenden werden dazu ermutigt klare Ziele zu formulieren und jederzeit zu wissen, was sie im kommenden Zyklus – dem nächsten Sprint, dem nächsten Quartal – erreichen wollen.

Die Definition der Zielerreichung liegt in den Händen der Mitarbeitenden. Auf diese Weise jagen sie nicht stumpf einer Zufallsmetrik hinterher. Metriken, die in den Manager-Ebenen aufwärts definiert werden, haben oft wenig bis nichts mit den tatsächlichen Wertschöpfungsketten gemeinsam. Die Wirkung der eigenen Arbeit wird in einem solchen Zusammenhang zu abstrakt.

Haben die Mitarbeitenden ihre OKR im Team selbst definiert, sehen diese sofort, ob sie gute Arbeit geleistet haben. Die Mitarbeitenden vergleichen einfach das Ergebnis ihrer Arbeit mit ihren Definitionen ihrer Ziele. Das sofortige selbstbestimmte und individuelle Feedback für die eigene Leistung zu erhalten, ermutigt besser zu werden und die eigenen Ziele zu übertreffen.

B. Gruppendynamische Motivation

Zusätzlich zur individuellen Motivation, wird die Team-Motivation durch die Transparenz des OKR-Modells befeuert. Der Fortschritt der anderen ist innerhalb eines Teams für jedes Mitglied sichtbar und nachvollziehbar. Das gilt nicht nur für das Erreichen der Ziele, sondern interessanterweise auch für das Definieren der Ziele.

Ein OKR-Team wird also nach jedem Zyklus besser im Analysieren und Antizipieren der eigenen Leistungsfähigkeit. Hinzu kommt, dass die gruppendynamische Motivation zusammenschweißt: Niemand möchte seine Kollegen im Stich lassen. Und natürlich will kein Team weniger erreichen als andere Teams.

Dem individuellen Willen „besser“ als die eigenen Teammitglieder zu sein, stehen also zwei gruppendynamische Kräfte gegenüber. In Summe überwiegen die positiven Dynamiken und so tragen OKR nicht nur zu einer besseren Zielerreichung bei, sondern fördern zusätzlich den Teamgeist.

Verantwortung für Erfolg teilen

Diese Effekte sind natürliche Nebeneffekte von OKR. Sie leiten sich direkt von der Bereitschaft der GF- und Managerebene ab, die Verantwortung für den Erfolg zu teilen. Kein Preisschild anzubieten, kann auch positive Effekte haben. Interessenten zahlen für herausragende Waren und Dienstleistungen gerne deutlich mehr als erwartet .

Dasselbe gilt für selbstorganisierende Teams. Die Einzahlung auf selbst definierte Ziele, die vom Claim der Unternehmung abgeleitet wurden, fallen immer höher aus als die Team-Einzahlungen auf „von oben“ aufgelegte Ziele. Auf den Vorteil der Unmittelbarkeit der Abschätzung der Aufgaben durch die ausführenden Teammitglieder wurde bereits hingewiesen.

Die Unterschätzung eines Teams hat oft weit schädlichere Folgen als ihre Überschätzung. Letztere führt dazu, dass Mitarbeitende incentiviert werden, Fehler zu machen, beruflich zu wachsen und ihr Wissen zu teilen. Ersteres führt zu Verheimlichung von Fehlern und nicht selten zu Großbränden [Kim, 2021].

Fremdbestimmung untergräbt Innovation

Die Forschung kommt zu einem klaren Fazit: unsere Motivation wird durch schlechte Anreize untergraben und in falsche Bahnen gelenkt [Pritchard, Campbell & Campbell, 1977; Promberger & Marteau, 2013]. Werden Mitarbeitende für ihre Arbeit nicht angemessen entlohnt, passen sie automatisch und manchmal unbewusst ihr Leistungsniveau an. Sie werden so lange so viel (so wenig) geben, bis es sich für sie angemessen „anfühlt“. Wir sind also von Natur aus Wesen, die intrinsisch OKR festlegen und ihnen folgen. Auch wenn wir von dem Framework noch nie gehört haben. Daher ist es so enorm wichtig, die Mitarbeitenden genau in diesem „Gefühl“ zu bestärken. Identifizieren sie sich mit dem Claim der Unternehmung, so werden sie immer mehr geben wollen.

Umgekehrt besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende, die ausschließlich über ihre Zielerreichung incentiviert werden, versuchen ihre Ziele zu beeinflussen. Sind unsere Ziele und Methoden diese zu erreichen fremdbestimmt, so messen wir unseren Erfolg oft daran, wie erfolgreich wir der Fremdbestimmung entgehen können.

In unserem Zusammenhang würde das bedeuten, dass die Leute zunächst versuchen, ihre Ziele niedrig zu setzen [Lorenz & Rohrschneider, 2008]. Sind die Ziele niedrig genug, dass ich dafür dennoch mein Gehalt bekomme?

Erst wenn sich hier das Gefühl einstellt, weniger für das Geld getan zu haben als erwartet, kommt erst ein Gefühl von Erfolg auf. Damit wäre die OKR-Methode auf den Kopf gestellt. Hier werden Fehler nicht mehr offen behandelt, sondern verheimlicht, „nach unten“ delegiert oder unter den Teppich gekehrt. Auf diese Weise wird Geld zur zugrunde liegenden Motivation für das Erreichen von OKR. Diese Konstellation ist von jeglicher intrinsischer Motivation befreit.

Umgekehrt sind die OKR nun nicht mehr ein Teilziel, um zum Unternehmenserfolg beizutragen. Stattdessen sind die OKR hier eine Orientierung für die Mindestarbeit, die noch geleistet werden muss, um überhaupt oder mehr Geld zu bekommen.

Darüber hinaus untergräbt die Honorierung der Leistung einzelner Mitarbeitenden den Teamgeist und die positiven Effekte der gemeinsamen Zielerreichung. Letztendlich incentiviert es Mitarbeiter – wie eingangs erwähnt – ihre persönlichen Ziele über die Team- und Unternehmensziele zu stellen. Fatal wird diese Konstellation, wenn die fragliche Mitarbeitende für die Zuweisung von Ressourcen verantwortlich ist. So wird diese ermutigt Ressourcen so zu verteilen, dass ihre persönlichen OKR erreicht werden. Was das Beste für das Unternehmen ist, wird dabei keine Beachtung finden.

Bonussysteme mit positiver Auswirkung auf die Motivation

Laut Forschung funktionieren Incentivierungs- und Bonussysteme am besten, wenn sie Gruppendynamiken verstärken [Tjosvold, 1988]. Erst dann generieren diese Systeme einen Mehrwert für das ganze Unternehmen. Sind die Bonussysteme an das Erreichen eines Team-OKR gebunden, so werden die beiden weiter oben erwähnten positiven Team-Dynamiken zusätzlich verstärkt.

Das Erreichen des Teamziels ist dann an einen Bonus gebunden, das Team-Ziel an Teilziele und die Teilziele an Unterziele. Die OKR sind hier mit dem Erreichen von Teilzielen auf Team-Ebene, nicht dem Erreichen von Individualzielen synchronisiert. Dieses Konstrukt hat sich bewährt und gewährleistet den bestmöglichen Beitrag der Teams zum Erfolg der Unternehmung.

Dieses Modell vermeidet die Belohnung der Leistung einzelner Mitarbeiter und die damit einhergehenden negativen Einflüsse. Hier zählt einzig und allein das Team-Ziel und in letzter Konsequenz auch das Unternehmensziel.

Und so kann ein Bonussystem die positive Wirkung von OKR sogar tatsächlich unterstützen.

Alle Teammitglieder arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin und unterstützen sich gegenseitig. Erschweren Schwierigkeiten oder Fehler das Erreichen des Teamziels, so werden diese als Chance wahrgenommen und gemeinsam zu Wissen für die Überwindung zukünftiger Hindernisse umgewandelt. Natürlich ist die Motivation hier nicht so rein intrinsisch wie ohne Bonussystem, aber es ist eines von wenigen Beispielen, wo monetäre Incentivierung einen Mehrwert schafft.

Quellen

Pritchard, Robert D.et. al. “Effects of extrinsic financial rewards on intrinsic motivation.” Journal of Applied Psychology 62.1 (1977): 9–15.

Tjosvold, Dean. “Cooperative and Competitive Dynamics Within and Between Organizational Units.” Human Relations 41.6 (1988): 425-436.

Amabile, Teresa. “How to Kill Creativity.Harvard Business Review September-October (1998): online.
Lorenz, Michael; Rohrschneider, Uta. „Praktische Psychologie für den Umgang mit Mitarbeitern. Die vier Mitarbeitertypen führen.“ Campus Verlag (2008): 72.

Promberger, Marianne, et al. „When Do Financial Incentives Reduce Intrinsic Motivation? Comparing Behaviors Studied in Psychological and Economic Literatures.“ Health Psychology 32.9 (2013): 950-957.

Kim, Gene, Humble, Jez, et al. „The Devops Handbook: How to Create World-class Agility, Reliability, & Security in Technology Organizations.” Second Edition. IT Revolution Press; 2. Edition, 2021.

Huang, Mei-Jun. “Leader self-deprecating humor and employee creativity at workplace: a longitudinal study.” Review of Managerial Science (2022): online.

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